Wie kann ich selbst eigenes, diskriminierendes Verhalten vermeiden?
BeitragDiskriminierung, sowohl auf persönlicher und direkter als auch auf struktureller Ebene, findet im Kontext von kollektiven Stereotypen und in allen Gesellschaften mit den dort herrschenden Machtverhältnissen statt. Im Alltag vollzieht sich Diskriminierung häufig unbeabsichtigt und von der diskriminierenden Person unbemerkt. Im Ergebnis ist dies für die betroffene Person jedoch irrelevant. Um das eigene diskriminierende Handeln abzubauen, gilt es die eigene Position zu berücksichtigen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu reflektieren, sich weiterzubilden und offen zu reagieren, wenn eigenes (auch unbeabsichtigtes) diskriminierendes Handeln angesprochen wird.
Sprache
Mit Sprache werden Realitäten konstruiert, Unterschiede markiert und Bewertungen vorgenommen. Somit sind Sprachhandlungen auch potenziell abwertend bzw. diskriminierend.
Diskriminierender Sprachgebrauch findet dabei in Alltagsgesprächen, in Lehrsituationen oder auch am Arbeitsplatz statt. Dabei kann Diskriminierung bewusst, wie zum Beispiel durch Schimpfworte oder diskriminierende Witze, unbewusst durch die Nutzung veralteter/historisch belasteter Begriffe oder durch die Reproduktion von Stereotypen geschehen.
Um sprachliche Diskriminierung zu erkennen und zu vermeiden, gibt es verschiedene Ansätze. Hier einige Vorschläge:
- Beschreiben Sie eine Person nur mit der Benennung von Eigenschaften, die im jeweiligen Kontext relevant sind. Wenn ein*e Mitarbeiter*in aufgrund der Religionszugehörigkeit frei hat, ist es in Ordnung, das in diesem Kontext zu erwähnen, wenn Sie jedoch anderweitig über diese*n Mitarbeiter*in sprechen, spielt die Glaubenszugehörigkeit keine Rolle.
- Verzichten Sie darauf, Menschen nur auf einen Aspekt ihrer Persönlichkeit zu reduzieren.
- Achten Sie auf die Selbstbezeichnungen einer Person, z.B. in Bezug auf Geschlechtszugehörigkeit oder Pronomen.
- Wenn Sie in Abwesenheit über Personen sprechen, verwenden Sie nur die Begriffe zur Beschreibung, die Sie auch in Anwesenheit der Person nutzen würden.
Grundsätzlich gilt: Falls Sie sich nicht sicher sind (wie sie eine Person bezeichnen oder ansprechen sollen), fragen Sie nach, bevor Sie eine Person versehentlich durch Ihren Sprachgebrauch diskriminieren.
Mehr dazu unter: https://www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/inklusive-sprache/inklusive-sprache-uebersicht/leitfaden-inklusive-sprache-de-v6.pdf
Einstellung/Beurteilung/Beförderung
„Unconscious bias“ (dt. unbewusstes Vorurteil) beeinflusst das tägliche Handeln. Jeder Mensch trägt diese Voreingenommenheit in sich. Es handelt sich um eine mentale Vereinfachung, um komplexe Informationen schneller zu verarbeiten. Auch im Berufsleben wirken sich unbewusste Vorurteile aus und entscheiden mit über Karrierewege von Menschen.
Um negative Auswirkungen zu minimieren, ist es wichtig, sich der eigenen „unconscious biases“ bewusst(er) zu werden. Doch Unbewusstes ist nicht so leicht zu entdecken. Dazu gibt es unterschiedliche Strategien. Zuerst gilt es zu akzeptieren, dass es unbewusste Vorurteile gibt. Identifizieren Sie Situationen, in welchen Vorurteile reale Auswirkungen haben können, und analysieren Sie, was genau passiert. Es hilft, sich zu fragen, was Sie wahrnehmen, was es in Ihnen auslöst und wie Sie sie darüber denken und es schließlich bewerten. Reflektieren Sie anschließend, woher Ihre Interpretationsneigungen kommen können, und korrigieren Sie diese.
Besonders gravierend können diese (unbewussten) Vorurteile in Bewerbungssituationen wirken. Attraktive Personen werden oft als erfolgreicher eingeschätzt, während beispielsweise ein*e stark übergewichtige*r Bewerber*in für nachlässig oder eine Person mit starkem Dialekt für unintelligent gehalten und unabhängig von der tatsächlichen Qualifizierung für die ausgeschriebene Stelle oder den Studienplatz weniger in Betracht gezogen wird.
Auch Beurteilungen, Berufungsverfahren und Beförderungsentscheidungen sind von Vorurteilen beeinflusst. Diese wirken auch dann, wenn die Leistungen und/oder Fähigkeiten einer Person bekannt sind. Ein Erscheinungsbild oder ein Verhalten, das den eigenen Vorstellungen entspricht, bleibt leichter im Gedächtnis, während Eigenschaften, die dem nicht entsprechen, weniger wahrgenommen werden. Eine weitere Wahrnehmungsverzerrung ist der „same-as-me-effect“ der dazu führt, dass man Menschen mit ähnlichen Eigenschaften in der Regel bevorzugt.
Umgang mit Kritik
Da Diskriminierungen häufig unbeabsichtigt oder unbemerkt durch die diskriminierende Person geschehen, kann es zu Scham oder Schuldgefühlen kommen, wenn die Situation angesprochen wird. Auch Unverständnis, Ärger oder das Gefühl, falsch beurteilt worden zu sein, gehören zu typischen Abwehrreaktionen. Äußerungen wie „Ich habe es doch nicht so gemeint“ oder „XY findet diese Bezeichnung völlig in Ordnung“ verschlimmern die Situation. Damit dies nicht geschieht, hilft „stop and rewind“. Wird man auf diskriminierendes Verhalten oder diskriminierende Praxis aufmerksam gemacht, so sollte man dies nicht als Angriff werten, sondern als Chance, das eigene Verhalten zu reflektieren, und als Möglichkeit für einen Dialog. Mit etwas Zeit lässt sich Kritik auch annehmen, und durch eine einfache Entschuldigung kann ein vertrauensvolles Arbeits- und Lernklima wiederhergestellt werden.
Erst das Bewusstsein, dass entgegen guter Absicht die eigenen (Sprach-)Handlungen doch diskriminierend sein können, und nicht nur „die unsympathischen Anderen“ diskriminieren, ermöglicht die Entwicklung einer Fehlerkultur in einem von Fairness, Dialogbereitschaft und Selbstreflexion geprägten Miteinander.
Erst das Bewusstsein, dass entgegen guter Absicht die eigenen (Sprach-)Handlungen doch diskriminierend sein können, und nicht nur „die unsympathischen Anderen“ diskriminieren, ermöglicht die Entwicklung einer Fehlerkultur in einem von Fairness, Dialogbereitschaft und Selbstreflexion geprägten Miteinander.
Eigene Reflexion:
Die Auseinandersetzung mit eigenen Diskriminierungserfahrungen beziehungsweise mit dem Ausbleiben dieser, kann sehr hilfreich sein, um das eigene Verhalten nachhaltig zu verändern.
Fragen Sie sich zum Beispiel:
- In Bezug auf welche Eigenschaften bin ich privilegiert? In Bezug auf welche Eigenschaften erfahre ich Diskriminierung?
- Welche Privilegien genieße ich innerhalb meines Berufes/Studiums, welche Diskriminierungen musste ich schon hinnehmen?
- Falls ich schon einmal auf diskriminierendes Verhalten angesprochen wurde, wie habe ich reagiert? Konnte ich die Kritik annehmen und habe ich mich entschuldigt?
- Gibt es bestimmte Umfelder, in denen ich keine Diskriminierung erfahre?
- Wie erlebe ich Diskriminierung? Welche Gefühle sind damit verbunden? Habe ich Strategien im Umgang damit entwickelt?
- Wie kann ich mich für Diskriminierung noch besser sensibilisieren?
Weiterbildungsangebote nutzen
Das Themenfeld Diskriminierung ist sehr weitläufig, komplex und tatsächlich auch nie abschließend bearbeitet. Glücklicherweise bestehen zahlreiche Möglichkeiten, sich zu informieren und weiterzubilden. Hierzu zählen Vorträge, Diskussionsveranstaltungen oder Workshops (auch digital) zu verschiedenen Formen von Diskriminierung, aber auch Bücher, Podcasts, Blogs und Videos, in denen von Diskriminierung betroffene Personen von ihren Erfahrungen und Reflexionen berichten. Diese Informations-, Diskussions- und Weiterbildungsangebote können neue Perspektiven eröffnen, interessante „Aha-Erlebnisse“ vermitteln und zu einem verbesserten gegenseitigen Verständnis beitragen.
Dieser Artikel wurde von Universität Augsburg erstellt und zuletzt am aktualisiert.